Die Next Block Expo (NBX) ist eine der größten Blockchain Messen Europas und fand vom 23. bis 24. November in Berlin statt. Zu diesem Event versammelten sich allerhand Blockchain-, Krypto-, Web3- und NFT-Enthusiasten, präsentierten ihre Produkte und tauschten sich über die Entwicklung in diesen Bereichen aus. Abseits von zahlreichen Fachvorträgen hatten auch Startups die Möglichkeit ihre Geschäftsideen vor einer Jury zu präsentieren.

Dieser Blogbeitrag handelt von meinen Erfahrungen der NBX, sowie einem Interview mit dem Ethereum Developer Marius van der Wijden, welches ich vor Ort durchführen konnte.

Die NBX bot für jeden was: eine Main Stage, auf der rund um die Uhr Vorträge zu verschiedensten Themen über Blockchain, Web3 & Co. gehalten wurden und der Start-Up-Area, in welcher Diskussionsrunden und Start-Up-Pitches stattfanden. Vor allem Ideen aus dem Bereich „Gaming“ waren hier ein großes Thema. Des Weiteren gab es eine Hackathon Area, in der Teams an einem Hackathon teilnehmen konnten. Für die drei besten Teams gab es dabei insgesamt 30.000€ zu gewinnen.  Zuletzt gab es eine Main Area, in der man Stände zu Trading-Plattformen, Web3 Themen, NFT-Airdrops oder anderen Kryptowährungen finden konnte. Ein Stand lud zum Beispiel zum Tauchgang ins Metaverse ein.

Am ersten Tag der Messe hielt Marius van der Wijden auf der Mainstage einen Vortrag über den Übergang des Ethereum Netzwerks von Proof of Work (PoW) zu Proof of Stake (PoS), auch bekannt als „The Merge“. Im Anschluss daran bot sich mir die Gelegenheit, Marius über die Entwicklung des Ethereum Netzwerkes und seinen Beitrag dazu zu interviewen. Marius van der Wijden ist ein Software Developer für den Geth (go-ethereum) Client von Ethereum. Mehr dazu berichte ich im folgenden Interview:

Interview mit Marius van der Wijden über „The Merge“

Gab es bei dir Bedenken beim Übergang von Proof of Work zu Proof of Stake?

„Am Anfang war es mir schon etwas suspekt, da Trade-offs gemacht wurden, die ich zunächst nicht verstanden hatte und in welche ich mich erst reinlesen musste. Irgendwann habe ich verstanden, warum sie diese Trade-offs machen mussten. Ich habe mal berechnet, wieviel Tonnen CO2 mit Ethereum emittiert werden, was ca. 17.000 Tonnen CO2 waren – jeden einzelnen Tag. Deswegen wollte ich dagegen etwas tun und konnte auch etwas zu dem Wechsel von PoW zu PoS beitragen.“

Es wird oft das Argument der Zentralisierung über den Wechsel von Proof of Work zu Proof of Stake angebracht. Glaubst du, dass Ethereum sich aufgrund des Wechsels auf lange Zeit gesehen eher zentralisiert?

„Das denke ich nicht – eher im Gegenteil. Ich denke es ist besser geworden. Wenn man bei PoW eine Grafikkarte kauft, so zahlt man den Normalpreis. Kauft man jedoch tausende Grafikkarten, so zahlt man einen stark reduzierten Preis. Um profitabel minen zu können benötigt man in etwa einen Strompreis von 5ct/kWh. Kaum einer zahlt in Deutschland einen Strompreis von 5ct/kWh. Dadurch ist die Mining Power in Ländern zentralisiert, in welchen der Strompreis sehr gering ist und wo die Firmen günstig an Hardware kommen. In PoS gibt es dies nicht. Es müssen immer 32 Ether, egal ob man einen oder tausende Validatoren laufen lässt, festgesetzt werden. Hier spielt der Hardware- und Stromaspekt kaum eine Rolle. Das Problem, was ich hier sehe ist, dass die Nutzer ihre Ether nicht selbst staken, sondern diese an große Exchanges und Anbieter geben. Dadurch haben diese eine sehr große Macht, da sie das Kapital ihrer Nutzer anlegen können. Das gute bei PoS ist, dass hier ein Angreifer bestraft werden kann – diese Möglichkeit gibt es bei PoW nicht. Bei PoS kann die Community den Angreifer bestrafen, indem sie dessen Stake auf der Chain löschen, sperren oder umverteilen kann – hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten und die Community kann sich auf einen Konsensus einigen.“

Ich habe gehört, dass eine Ethereum Node sehr viel Speicherplatz benötigt. Das ist doch auch ein wichtiger Punkt, wenn es um Dezentralität geht. Wie siehst du das?

„Die Ethereum Blockchain besteht aus zwei verschiedenen Dingen: dem State und der Historie. Die Historie sind größtenteils die Transaktionen. Diese macht ca. 400 GB aus und wächst relativ schnell an. In ETH sind die Transaktionen ein Teil des Blockes, aber die Blockchain ist nur eine Header-Chain. Zusätzlich zu den Blöcken (in welchen die Transaktionen abgespeichert werden) gibt es noch andere Informationen, die im Header abgespeichert werden. Die Header-Chain (welche für Light Clients relevant ist) ist ca. 10 GB groß, was auch schon relativ groß ist. Dann gibt es noch den State. Der State umfasst sozusagen alle Smart Contracts, den State der Smart Contracts (also wenn man etwas in dem Smart Contract speichert) und die Accounts und Balances. Von dem initialen State kommt man, sofern man alle vergangenen Transaktionen ausführt, auf den heutigen State. Zum Betreiben einer Full Node muss man die Historie aller Transaktionen sowie den neuesten State speichern. Wir speichern den State auf zwei verschiedene Weisen. Der reine State ist 60 GB groß sowie dieselben Informationen in einer anderen Datenstruktur, welche zusätzlich 120 GB groß ist. Insgesamt kommt man auf ca. 650 GB der gesamten Blockchain für eine Full Node. Es gibt jedoch ein Problem: wenn man die Node neu synchronisiert, besitzt die ETH Blockchain eine Größe von rund 650 GB. Lässt man diese jedoch ein paar Monate laufen, so wächst sie sehr schnell an. Es kann demnach sehr schnell sein, dass die Größe der Blockchain innerhalb von 1-2 Monaten von 650 GB auf einen Terrabyte anwächst. In der Blockchain werden sogenannte Trie Nodes gespeichert, welche eigentlich die Node löschen könnte. Das Problem dabei ist, dass sie nicht weiß, dass sie diese löschen kann. Deshalb gibt es ein Pool „geth db prune“, wodurch die Node kurzfristig ausgeschaltet werden muss, um ein Pruning durchzuführen. Nach dem Pruning besitzt die Node wieder die ursprüngliche Speichergröße der Blockchain.“

Was sind deiner Meinung nach die größten Herausforderungen in der nächsten Zeit für das Ethereum Netzwerk?

„Ich denke, dass der Merge sehr viel bewirkt hat. Wenn wir den Merge nicht gehabt hätten, wäre das Thema „Klimaverträglichkeit und Regulierung“ in den nächsten Jahren ein großer Punkt geworden. Wir haben immer noch das Skalierungsproblem, das bedeutet dass Ethereum nicht genug Transaktionen pro Sekunde ausführt. Wir wollen dies durch Roll-ups lösen. Roll-ups sind Layer-2-Lösungen, wobei die Idee ist, dass beispielsweise zwei Parteien jeweils fünf Ether in einen Smart Contract legen und sich dann Schuldscheine in diesem austauschen. Zum Ende hin signieren beide Parteien den letzten Stand des Wertaustauschs und gehen damit zur Blockchain, wodurch der Smart Contract diesen Stand den beiden Parteien auch auszahlt. Dadurch können viele einzelne Transaktionen in zwei große Transaktionen auf der Blockchain zusammengefasst werden. Dies ist die Idee von Layer 2. Durch Roll-ups kann dies nicht nur durch zwei Parteien geschehen, sondern durch viele unterschiedliche Teilnehmer des Netzwerkes.“

Was hast du persönlich zum Ethereum Netzwerk beitragen können?

„Ich konnte viel bei dem Merge mithelfen, außerdem habe ich auch viel bei dem größten Client des Ethereum Netzwerks „GoEthereum“ am Code mitgeschrieben. Insgesamt gibt es 5 verschiedene Clients auf dem Execution Layer und 5 verschiedene Clients auf dem Konsensus Layer. Es gibt also 10 verschiedene Implementierungen in verschiedenen Programmiersprachen, welche alle miteinander funktionieren müssen. Alle Clients müssen genau gleich funktionieren und dürfen sich nicht ausgrenzen. Ich habe auch viele Tests geschrieben, um sicher zu sein, dass die anderen Implementierungen genau das Gleiche können.“

Was ist dein Motto, das du an die Blockchain Enthusiasten richten kannst?

„Ich war 2018 in Prag auf der DevCon. Das war meine erste große Ethereum Konferenz, wo es ein Eröffnungslied gab, in welchen es hieß „Don´t ICO when there is work to do!“. Und dieser Satz begleitet mich, denn ja, es wird auch viel Mist mit den ICO´s gebaut. Ich denke wir haben eine Aufgabe. Und diese Aufgabe besteht darin,die Macht, welche den Menschen in den letzten Jahren genommen wurde, wieder zurückzugeben. Deshalb „Don´t ICO when there is work to do!”


Warum Sie einen NFT-Marktplatz eröffnen sollten, erfahren Sie in unserem Blogbeitrag „Willkommen im Web3“

Weitere Informationen für unsere Geschäftskunden: Validation as a Service


Charlie Noah Fritzsche, Werkstudent im Blockchain Solutions Center

Charlie Fritzsche ist seit Oktober 2022 ein Teil der Telekom MMS Familie. Passend zu seiner Werkstudententätigkeit studiert er seit September 2022 den Master in Blockchain und Distributed Ledger Technologies. Die Interessensgebiete von Charlie liegen insbesondere im Bereich der Kryptowährung Bitcoin und der kritischen Auseinandersetzung mit alternativen Kryptowährungen.


Tobias Jung, Product Owner im Staking Bereich

Tobias Jung ist Product Owner im Staking Bereich, im Blockchain Solution Center der Telekom MMS, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom. Dort baut er Infrastruktur für öffentliche Blockchain-Netzwerke auf. Zuvor arbeitete er in verschiedenen Tech-Software-Startups. Tobias schloss sein Studium an der Universität Lund mit einem MSC in Betriebswirtschaftslehre ab. Er engagiert sich bereits seit Jahren im Kryptoraum.