Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte? Nicht so ganz: Denn mit der Blockchain-Technologie, braucht es gar keine dritte Partei mehr, denn Sender und Empfänger werden in einer Transaktion direkt miteinander verknüpft. Das bekannteste Beispiel ist hierbei die virtuelle Währung Bitcoin, mit der es möglich ist Überweisungen direkt abzuwickeln – ganz ohne ein zwischengeschaltetes Finanzinstitut.  Doch auch abseits vom Finanzsektor eröffnet diese Technologie ganz neue Möglichkeiten: Von der Verwaltung über die Gesundheitsbranche bis hin zur Industrie. Damit fordert die Distributed-Ledger-Technologie, welche sich hinter der Blockchain-Technologie verbirgt, zentralisierte Systeme künftig ganz schön heraus. Im Interview erklären Alexander Ebeling (IT-Consultant Blockchain) und Thomas Rahm (Business Development), wie die Blockchain-Technologie funktioniert und was genau hinter diesem Trendbegriff steckt. Auf der CeBIT demonstrieren sie live, wie die Technologie das Rückgrat künftiger Maschinenparks bildet.

1. Blockchain: von vielen gefeiert, von einigen gefürchtet. Doch was ist Blockchain eigentlich und wie funktioniert diese Technologie genau?

Thomas Rahm:

Im übertragenden Sinne ist die Blockchain für die Transaktion das, was das Internet für die E-Mail ist: Die technologische Basis für den Übermittlungsvorgang. Im Prinzip ist es ein verteiltes Datenbankregister, das regelt wer bei der Übermittlung von Werten (z.B. Geld) was darf. Die Informationen werden Peer-to-Peer, also direkt untereinander abgewickelt, ohne prüfende oder verwaltende Zwischeninstanzen, so genannte Intermediäre. Dabei sind die Informationen auf verschiedene Knotenpunkte verteilt, die alle miteinander verbunden sind. Das hat den Vorteil, dass darauf gespeicherte Informationen auch bei einem Ausfall mehrerer Knoten erhalten bleiben. Eine Blockchain kann nicht gelöscht werden, genauso wenig wie das Internet. Wenn beispielsweise ein Knoten ausfällt, bedeutet das nicht, dass die Informationen verloren sind. Denn sie sind weiterhin auf den restlichen Knoten gespeichert.  Damit sind die Informationen hochverfügbar, transparent und unveränderlich. Angenommen, Person X möchte der Person Y fünf Euro überweisen – im verteilten Netzwerk kann jeder prüfen: Verfügt Person X über fünf Euro? Ist Person Y der richtige Empfänger? Sind es wirklich fünf Euro? Diese Informationen stehen in Echtzeit überall sofort zur Verfügung. Die einzelnen Knotenpunkte haben dabei alle dieselben Rechte und die Aufgabe den Prozess zu prüfen und zu validieren, um damit die Wahrheit zu verifizieren. Wenn alle Angaben der Richtigkeit entsprechen, wird die Transaktion durchgeführt, anderenfalls direkt unterbunden.

2. Was sind die Vorteile der Blockchain im Gegensatz zum bisherigen Verfahren über Intermediäre?

Alexander Ebeling:

Die Blockchain ist hoch redundant – wird ein Knotenpunkt angegriffen, ist noch lange nicht die Sicherheit des gesamten Netzwerks in Gefahr. Zusätzlich sind die Informationen in der Blockchain unveränderlich gespeichert, die Integrität wird gewährleistet und eine Manipulation von Informationen unmöglich. Dadurch dass der Intermediär wegfällt, werden die Kosten gesenkt und durch die Reduzierung von Schnittstellen gleichzeitig Fehlerquellen vermieden. Hinzu kommt, dass das Reporting von Prozessen deutlich vereinfacht und beschleunigt wird, da eine Blockchain diesbezüglich alle Informationen beinhaltet. Damit bietet die Blockchain Transaktionen eine sichere, optimierte und automatisierte Prozessabfolge.

Thomas Rahm:

Diese Nutzenaspekte sind eng mit den besonderen Eigenschaften der Blockchain verbunden, die wir eben kurz beschrieben haben. Perspektivisch müssen im Internet der Dinge Milliarden an Geräten direkt miteinander kommunizieren. So ein Netzwerk kann über einen Server, eine zentrale Architektur oder eine Cloud nur unzureichend  abgebildet werden. Die verteilte Architektur einer Blockchain gibt genau darauf eine Lösung.

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3. In welchen Bereichen kann diese Technologie eingesetzt werden? Und wie kann das konkret in der Praxis dann aussehen?

Alexander Ebeling:

Es gibt einige Szenarien unterschiedlichster Branchen, bei denen die Blockchain den bisherigen Prozess  deutlich einfacher und effizienter gestaltet. Die Blockchain schafft unteranderem eine vertrauenswürdige Basis für eine Sharing Economy. Stichwort „Pay-per-Use“ und „Contracting“, so können künftig Maschinenparks entstehen, die autonom agieren und von unterschiedlichen Unternehmen genutzt werden. Oder im Energiebereich: Wenn der Nachbar eine Solaranlage hat, mit der er Strom erzeugt, verkauft er es momentan noch an Netzbetreiber bzw. Stadtwerke und diese verteilen den Strom dann. Doch warum verkauft er diesen Strom nicht direkt an mich oder an die umliegende Nachbarschaft? Es wäre doch viel einfacher, wenn die Blockchain die beteiligten Personen direkt zusammenbringt. Oder denken wir mal an komplexe Transportketten – zum Beispiel bei Lebensmitteln oder Medikamenten. Wird die Kühlkette eingehalten? Woher kommt das Produkt? Woher stammen die einzelnen Bestandteile? Wer kam damit in Kontakt? Mit der Blockchain wird die Historie von Produkten transparent, einsehbar, nachvollziehbar und damit  verifizierbar.  Und das ist in der Pharmaziebranche beispielsweise schon ab 2019 Pflicht. Es gibt also ganz unterschiedliche Anwendungsszenarien für die Blockchain-Technologie.

4. Warum ist das Thema auch für die T-Systems Multimedia Solutions so interessant und was bieten Sie in dieser Hinsicht schon?

 Thomas Rahm:

Wir sind ja „Wegweisend. Digital“ und haben uns dieses Motto auf die Fahne geschrieben. Deswegen ist Blockchain natürlich ein wichtiges Thema für uns. Nach dem Hype-Zyklus von Gartner, der die verschiedenen Phasen der öffentlichen Aufmerksamkteit einer neuen Technologie bei der Einführung darstellt, befindet sich Blockchain  noch relativ am Anfang. Doch  wird sie mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr schnell die kommenden Phasen passieren und das Plateau der Produktivität erreichen. Wir beschäftigen uns damit, um unseren Kunden schon jetzt Antworten zu liefern. So bieten wir nicht nur Workshops zu dem Thema, sondern sind auch Gründer des sächsischen Blockchain Treffens mit der Zielstellung ein Blockchain Clusters Saxony zu etablieren und die Community-Arbeit aktiv zu beeinflussen.

Mittelfristig werden wir einen Blockchain Full Service anbieten, der vom Consulting über das Projekt bis hin zur Implementierung und Sicherheit des Betriebs, unsere Kunden ganzheitlich begleitet.

5. Wie präsentieren Sie das Thema Blockchain auf der CeBIT 2017?

Thomas Rahm

Auch auf der CeBIT wollen wir uns abseits von Anwendungsfällen im Bankensektor vor allem auf die Industrie konzentrieren und demonstrieren deshalb einen Blockchain Industrie-Showcase. Denn auch hier steigt der Digitalisierungsdruck weiter an. Dies zeigen wir gemeinsam mit der T-Systems im Innovationsbereich auf dem Stand der Deutschen Telekom. Genauer gesagt demonstrieren wir das intelligente Zusammenspiel einer Fertigungslinie für Materialstanzen, an dem die Messebesucher auch besondere Szenarien erleben können: Wie arbeiten und steuern sich Maschinen und Werkstücke vollautomatisiert und autonom im „Blockchain-Orchester“? Was, wenn eine Maschine gerade belegt ist? Also: Wie kann ich die Maschinen am effizientesten nutzen und dabei auch den Wartungsprozess positiv beeinflussen?

Alexander Ebeling:

Bei dem Prozess kann im Endeffekt jeder Schritt nachvollzogen werden, sodass das Werkstück eine eindeutige Historie bekommt. Das kann natürlich auch bei der Wartung enorm helfen. Nach wie vielen gestanzten Teilen sind Verschleißerscheinungen aufgetreten? Wann benötigen die Stanzen Wartungen und sind es Garantiefälle oder nicht? Alles in der Blockchain hinterlegt und nachvollziehbar. Damit erfüllt diese Technologie eine wichtige Aufgabe der Zukunft.

Thomas Rahm

Wir sehen die Blockchain-Technologie als eine essentielle Metatechnologie in der Architektur künftiger dezentraler Systeme. Sie steht für eine Ende-zu-Ende Sicherheit und schafft eine vertrauliche Kommunikation zwischen sich unbekannten Parteien. Und genau deswegen möchten wir den CeBIT-Besuchern das Potenzial der Blockchain nicht nur vermitteln, sondern erlebbar machen.